Nie wieder Furzkissen!
Kinder wollen nicht mehr basteln: Das Magazin
Yps, wegen seiner kuriosen Gimmick-Beigaben
beliebt, wird zum 25-jährigen Jubiläum
eingestellt
Von Mareike Knoke
Die um die 30-Jährigen unter den Zeitungslesern werden jetzt eine
Gedenkminute einlegen: Yps, die Zeitschrift aus Kindertagen mit dem
blaugrün karierten Känguru, liegt im Sterben. Nie wieder Rote
Rächerringe, Mexikanische Springbohnen und fluoreszierende
Plastik-Dinos, die verlockend durch die transparente Plastikfolie
schimmern! Bye-bye, Furzkissen und Urzeitliche Flusskrebse.
Wir, die Generation der «Thirtysomethings», tragen Trauer: Am 10.
Oktober, pünktlich zum 25. Geburtstag, erscheint die vorerst letzte
Ausgabe des Kultmagazins mit den Gimmicks. Eigentlich wollte der
Egmont Ehapa Verlag in Stuttgart, der Yps erst im Frühjahr von
Gruner + Jahr übernommen hatte, das Jubiläum gebührend feiern.
Doch angesichts der stetig sinkenden Auflage - zuletzt verkaufte der
Verlag, der demnächst nach Berlin umzieht und unter anderen auch
Asterix und Micky Maus herausbringt, noch knapp 100 000 Hefte -
scheint die Einstellung beschlossene Sache. Die
Gameboy-verwöhnten und Computer-versierten «Kids» lassen sich
von den teilweise nostalgisch-pädagogisch anmutenden Spiel- und
Bastelbeigaben nicht mehr zum Kauf verlocken.
Schließlich buhlen inzwischen rund 50 andere Magazine für
Kindergarten- und Schulkinder an den Kiosken um die junge
Kundschaft. Und fast alle bieten Spaßspielzeug als Beigabe.
Außerdem wird die Zielgruppe immer kleiner, denn schon
Neunjährige lesen lieber die «Dr.-Sommer-Seite» in der Bravo und
finden aufblasbare Boxhandschuhe oder Fliegenschreckpistolen
allenfalls kindisch. Tatsächlich dürfte die Yps-Käuferschaft
inzwischen zu einem großen Teil aus sammelwütigen Erwachsenen
bestehen, die zu Hause ab und an mit verklärtem Gesichtsausdruck
ihre alte Gimmickkollektion betrachten.
Zwar erklärt Ehapa-Verlagssprecherin Christine Godau: «Kann sein,
dass wir Yps nach einer kreativen Pause 2001 wieder
herausbringen.» Aber eine Auferstehung des Kinder-Klassikers
scheint unwahrscheinlich. So sieht es jedenfalls Reinhard Haas aus
München, der seit dem allerersten Heft als Tüftler und Hersteller der
Gag-Beigaben dabei ist und zu Recht den Ehrentitel «Vater der
Gimmicks» trägt. Der 52-Jährige wird wohl demnächst arbeitslos.
«Offensichtlich ist Yps nicht mehr zeitgemäß», sagt er traurig. Die
Zeitschrift ist in den letzten 25 Jahren ein fester Bestandteil seines
Lebens geworden. Rund 1250 Ausgaben hat er bislang mit seinen
Ideen bestückt. «Heute bekommen nur noch Erwachsene leuchtende
Augen, wenn irgendwo der Name der Zeitschrift fällt.» Haas kann
sich deshalb nicht vorstellen, dass eine Wiederbelebung in anderem,
peppigerem Gewand gelingt: «Der Markt ist so kurzlebig geworden.»
Auch das erst im April an den Zeitungskiosken wieder belebte «Fix &
Foxi» sei inzwischen erneut eingestellt worden. «Jetzt sind alle
verrückt nach den Pokémons. Doch auch das kann in zwei, drei
Monaten wieder vorbei sein.»
Auch komplizierte Bastelbögen sind passee. «Die Kinder wollen die
Sachen auspacken, höchstens noch auf einen Knopf drücken und
fertig», sagt Haas. Auf die Frage, ob er seine Kreativität künftig in
den Dienst anderer Ehapa-Kinderzeitschriften werde stellen können,
antwortet «Mr. Gimmick» betrübt: «Nach dem Umzug nach Berlin
wird die Verlagsmannschaft mit Sicherheit ausgetauscht und radikal
verjüngt. Da ist dann kein Platz mehr für mich altes Schlachtross.»
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