Berliner Morgenpost
12.Juni 2000

Nie wieder Furzkissen!

Kinder wollen nicht mehr basteln: Das Magazin Yps, wegen seiner kuriosen Gimmick-Beigaben beliebt, wird zum 25-jährigen Jubiläum eingestellt
Von Mareike Knoke

Die um die 30-Jährigen unter den Zeitungslesern werden jetzt eine Gedenkminute einlegen: Yps, die Zeitschrift aus Kindertagen mit dem blaugrün karierten Känguru, liegt im Sterben. Nie wieder Rote Rächerringe, Mexikanische Springbohnen und fluoreszierende Plastik-Dinos, die verlockend durch die transparente Plastikfolie schimmern! Bye-bye, Furzkissen und Urzeitliche Flusskrebse.

Wir, die Generation der «Thirtysomethings», tragen Trauer: Am 10. Oktober, pünktlich zum 25. Geburtstag, erscheint die vorerst letzte Ausgabe des Kultmagazins mit den Gimmicks. Eigentlich wollte der Egmont Ehapa Verlag in Stuttgart, der Yps erst im Frühjahr von Gruner + Jahr übernommen hatte, das Jubiläum gebührend feiern. Doch angesichts der stetig sinkenden Auflage - zuletzt verkaufte der Verlag, der demnächst nach Berlin umzieht und unter anderen auch Asterix und Micky Maus herausbringt, noch knapp 100 000 Hefte - scheint die Einstellung beschlossene Sache. Die Gameboy-verwöhnten und Computer-versierten «Kids» lassen sich von den teilweise nostalgisch-pädagogisch anmutenden Spiel- und Bastelbeigaben nicht mehr zum Kauf verlocken.

Schließlich buhlen inzwischen rund 50 andere Magazine für Kindergarten- und Schulkinder an den Kiosken um die junge Kundschaft. Und fast alle bieten Spaßspielzeug als Beigabe. Außerdem wird die Zielgruppe immer kleiner, denn schon Neunjährige lesen lieber die «Dr.-Sommer-Seite» in der Bravo und finden aufblasbare Boxhandschuhe oder Fliegenschreckpistolen allenfalls kindisch. Tatsächlich dürfte die Yps-Käuferschaft inzwischen zu einem großen Teil aus sammelwütigen Erwachsenen bestehen, die zu Hause ab und an mit verklärtem Gesichtsausdruck ihre alte Gimmickkollektion betrachten.

Zwar erklärt Ehapa-Verlagssprecherin Christine Godau: «Kann sein, dass wir Yps nach einer kreativen Pause 2001 wieder herausbringen.» Aber eine Auferstehung des Kinder-Klassikers scheint unwahrscheinlich. So sieht es jedenfalls Reinhard Haas aus München, der seit dem allerersten Heft als Tüftler und Hersteller der Gag-Beigaben dabei ist und zu Recht den Ehrentitel «Vater der Gimmicks» trägt. Der 52-Jährige wird wohl demnächst arbeitslos. «Offensichtlich ist Yps nicht mehr zeitgemäß», sagt er traurig. Die Zeitschrift ist in den letzten 25 Jahren ein fester Bestandteil seines Lebens geworden. Rund 1250 Ausgaben hat er bislang mit seinen Ideen bestückt. «Heute bekommen nur noch Erwachsene leuchtende Augen, wenn irgendwo der Name der Zeitschrift fällt.» Haas kann sich deshalb nicht vorstellen, dass eine Wiederbelebung in anderem, peppigerem Gewand gelingt: «Der Markt ist so kurzlebig geworden.» Auch das erst im April an den Zeitungskiosken wieder belebte «Fix & Foxi» sei inzwischen erneut eingestellt worden. «Jetzt sind alle verrückt nach den Pokémons. Doch auch das kann in zwei, drei Monaten wieder vorbei sein.»

Auch komplizierte Bastelbögen sind passee. «Die Kinder wollen die Sachen auspacken, höchstens noch auf einen Knopf drücken und fertig», sagt Haas. Auf die Frage, ob er seine Kreativität künftig in den Dienst anderer Ehapa-Kinderzeitschriften werde stellen können, antwortet «Mr. Gimmick» betrübt: «Nach dem Umzug nach Berlin wird die Verlagsmannschaft mit Sicherheit ausgetauscht und radikal verjüngt. Da ist dann kein Platz mehr für mich altes Schlachtross.»

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